In Russland hat sich eine bei uns kaum beachtete Opposition von unten herausgebildet, die allmählich stärker wird.
Herrschaft und Widerstand im modernen Russland
Es gibt ihn, den Widerstand gegen das System Putin in Russland, es gibt die Opposition gegen das Politikmonopol des Kremls. In diesem Buch lernt man ihre immer zahlreicher werdenden Akteure kennen und erfährt, wogegen und wofür sie kämpfen.Wer von Opposition in Russland spricht, meint damit in der Regel den ungleichen Kampf zwischen dem Kreml und seinen parlamentarischen Gegnern. Um jedoch einen angemessenen Eindruck der heutigen russischen Opposition gegen das System Putin zu erhalten, reicht es nicht aus, die bestehenden Parteien in Betracht zu ziehen. Anderseits gilt es auch Abstand zu nehmen von der Vorstellung einer durch staatlichen Paternalismus realsozialistischer Manier geprägten Bevölkerung, die nicht willens sein soll, selbst für ihre Interessen zu kämpfen. Die Wirklichkeit ist anders. Das Protestpotenzial wird größer, und das Aufbegehren ganz »normaler« Leute ist aus dem oft wenig beschaulichen russischen Alltag längst nicht mehr wegzudenken. Im Westen kaum zur Kenntnis genommen, hat sich eine Opposition von unten gebildet, und von dieser berichtet dieses Buch. Hier kommen Akteurinnen und Akteure von sozialen Protest- und Bürgerwiderstandsbewegungen zu Wort. Es sind unabhängige Sozialisten, linke Liberale, Anarchisten, Bürgerbewegte, Gewerkschafter und Umweltschützer. Diese Opposition besitzt keine einheit-lichen Führungsorgane und strebt weniger einen Machtwechsel an als den Aufbau einer lebenswerten Gesellschaft, in der die Einmischung in gesellschaftlich relevante Belange kein Staatsmonopol mehr darstellt.
Ulrich Heyden, geboren 1954, lebt seit 1992 als Korrespondent in Moskau. Er arbeitet u.a. für Spiegel Online, den Rheinischen Merkur, Südkurier, Freitag, die Jüdische Allgemeine, Die Presse, die Salzburger Nachrichten und Die Wochenzeitung. 2010 wurde Ulrich Heyden von der russischen Organisation Mediasojus für seinen »Beitrag im internationalen Journalismus« ausgezeichnet.