Der Kampf einer jungen Haitianerin um ihren eigenen Weg ist zugleich eine Metapher für die Suche der karibischen Bevölkerung nach einer eigenständigen kulturellen Identität.

160 Seiten, 19.8 × 12.5 cm, Broschur
ISBN 978-3-85869-454-6, 2. Auflage
Erschienen am 13.05.2011

Tanz der Ahnen

Roman

Aus dem Französischen von Jutta Himmelreich
EUR 15,00 Alle Preisangaben inkl. MwSt.

Eben noch tanzt sie mit ihrer Mutter zu einem mitreißenden Ragtimestück durchs Wohnzimmer, dann durchdringt sie plötzlich der Rhythmus der Voodootrommeln, bis der Vater sie wütend ohrfeigt: Alice Bienaimé ist die wohlbehütete Tochter einer haitianischen Familie, die sich seit der Sklavenbefreiung 1804 von Generation zu Generation zum Mittelstand hochgearbeitet hat, als Vorbild immer die Kultur und den Gott der Weißen vor Augen. Auch Alice soll dank einer guten Bildung und vielleicht gar einer Heirat mit einem Weißen sozial weiter aufsteigen. Aber die Zeiten ändern sich auch: Nicht mehr alle sind bereit, die eigenen kulturellen Wurzeln zu verleugnen. Trotz Strafen lebt die Kultur der afrikanischen Ahnen, die als Sklaven nach Haiti kamen, im Verborgenen weiter. Auch Alice kann und will sich diesem Einfluss nicht entziehen.
Die haitianische Autorin Yanick Lahens zeichnet ein feinfühliges Bild der heranwachsenden Alice, die im traditionellen Tanz ihre kulturelle Identität findet. Einprägsame Bilder – Rückblenden in die Kindheit und Jugend Alices, aus der Sicht von heute – bringen die alltäglichen Widersprüche eines Volkes, das vom Grenzgang zwischen französischer und afrokaribischer Kultur geprägt ist, zum Ausdruck. Ein subtiler Roman, der die Befindlichkeit einer Nation aufzeigt, die vor 200 Jahren von der Sklaverei befreit wurde und dennoch nicht in Freiheit lebt.

Yanick Lahens, geboren 1953 in Port-au-Prince, ist eine der wichtigsten literarischen Stimmen Haitis. Nach dem Studium der Literaturwissenschaft an der Pariser Sorbonne war sie Dozentin für Literatur an der École Normale Supérieure in Port-au-Prince. Sie publiziert für Radio und Printmedien und engagiert sich in sozialen Projekten insbesondere für die junge Generation ihres Landes.

»Ein subtiler Roman über die Befindlichkeit eines Landes, das sich vor zwei Jahrhunderten als erste lateinamerikanische Nation von seinen Kolonialherren befreite.«

Hans-Ulrich Dillmann, Ila-Nachrichten

»Eine dichte Sprache, die sowohl bildhaft ist als auch knapp.«

Bernadette Conrad, Neue Zürcher Zeitung

»Lahens nimmt ihre Aufgabe spürbar ernst. Die Intention, erzählend auf den Boden der eigenen Kultur zu kommen, verleihen dem Roman diesen unvergleichlichen Charakter.«

 Daniel Fuchs, Saiten

»Ein einfühlsamer Entwicklungsroman, erzählt in einem verhaltenen Ton, der beim Lesen ein Gefühl latenter Beunruhigung entstehen lässt. Dies ist nicht zuletzt ein Verdienst von Jutta Himmelreich, die das Buch exzellent übersetzt und mit einem hilfreichen Glossar versehen hat.«

 Wera Reusch, Deutschlandradio