Wer bekommt was vom Buch?

Patrizia Grab in Hausmitteilungen / 07. November 2023
Wer bekommt was vom Buch?
Ist das Buch ein Luxusgut? Sind Bücher für Leser:innen zu teuer? Und wer verdient eigentlich an Büchern? Diese Fragen beantwortet die Kurt Wolff Stiftung in folgendem Artikel. Am Schluss gibts einen Link zu einem tollen Übersichtsplakat. Die Angaben sind  in € und am Deutschen Markt ausgerichtet, geben aber trotzdem einen guten Überblick. Melden Sie sich bei uns im Verlag, wenn Sie mir über die Situation der Schweizer Verlage wissen möchten.

Wir finden: Jeder Franken, der ein Buch kostet, ist gut investiertes Geld! Bekommt man doch nicht nur einige Stunden Lesegenuss (und erst noch mehrmals möglich), sondern erhält auch Arbeitsplätze und fördert die Kultur!

Ein Buch kostet im Laden ca. 24 Euro – aber wer bekommt eigentlich wie viel von dieser Summe? Das schlüsseln wir für euch detailliert auf.
 
Die wenigsten Autor*innen können von ihrem Honorar leben und die wenigsten Verleger*innen unabhängiger Verlage von den Verkäufen. Auch im Buchhandel sieht es nicht gut aus; immer wieder müssen Unternehmen und Verlagsauslieferungen (Dienstleister, die die Bücher lagern und verschicken) aus finanziellen Gründen schließen.
Warum ist das so, dass mit dem Verkauf von Büchern selten genug Geld in die Kasse kommt, um Miete, Löhne etc. bezahlen zu können? Wie setzt sich so ein Verkaufspreis genau zusammen? Wir zeigen, wer an der Entstehung und Herstellung eines Buches mitwirkt, welche Kosten dabei entstehen und welcher Anteil bei dem/der Autor*in, in der Buchhandlung und im Verlag landet. 
 
Zur Kalkulation:
Als Basis dieser Beispielrechnung dient ein literarischer Titel aus einem unabhängigen Verlag. Er hat 240 Seiten und erscheint als Hardcover im Format 13 × 20 cm in einer Auflage von 2.000 Exemplaren. Das Buch wird aus hochwertigem, FSC-zertifiziertem Papier hergestellt, ist mit Lesebändchen, farbigem Vorsatzpapier sowie einer Prägung auf dem Umschlag ausgestattet und wird für 24 Euro angeboten.
 
Zum Ladenpreis:
In Deutschland und Österreich gelten feste Ladenpreise, das heißt, ein bestimmtes Buch kostet immer dasselbe, egal wo man es kauft. Die Summe legt der Verlag fest und gilt für alle Geschäfte: Läden wie Online-Handel. Der gebundene Ladenpreis trägt dazu bei, dass wir in Deutschland ein breites Netz an kleinen und großen stationären Buchhandlungen haben, in dem ein breites und vielfältiges Buchangebot erhältlich ist.
 
Zur Umsatzsteuer:
Sie beträgt in Deutschland bei Büchern 7%, in der Schweiz 2,6% (weil Bücher als Kulturgut »geistige Nahrung« sind) und ist in unseren Beispielen schon rausgerechnet. Ein 24 Euro Ladenpreis brutto entspricht 22,43 Euro netto. 
 


 
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Der Anteil für den/die AUTOR*IN – 2,24 Euro
 
Autor*innen bekommen vom Verlag in der Regel zwischen 5 und 10 Prozent vom Nettoladenpreis eines jeden verkauften Exemplars. In unserem Beispiel sind 10% des Netto-Ladenpreises als Autor*innenhonorar eingerechnet. Das ist für eine belletristische Originalausgabe im Hardcover üblich, manche Verlage staffeln die Prozente auch, z. B. 8% bis 5.000 Exemplare, danach 10%. Bei Taschenbüchern ist es weniger: Als Honorar erhalten Autor*innen oft nur ca. 6 bis 7% Honorar des Netto-Ladenpreises, der zudem niedriger ist. In der Regel erhalten Autor*innen bei Vertragsabschluss einen Vorschuss auf alle aus dem Vertrag später resultierenden Honoraransprüche.
 
 

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 Der Anteil für den VERLAG – 2,81 Euro
 
Der Verlag trägt das volle Risiko der Buchproduktion: Noch bevor das Buch im Laden liegt, hat der Verlag bereits die Herstellung (von der Covergestaltung und den Satz über das Lektorat (ggf. auch die Übersetzung) bis hin zu Druckerei und Buchbinderei) und den Vorschuss für den/die Autor*in bezahlt. Wurden alle diese Ausgaben berücksichtigt, bleiben dem Verlag von einem Buch, das 24 Euro kostet, noch 2,81 Euro. Davon müssen noch die Gemeinkosten des Verlags finanziert werden wie Löhne und Gehälter, Miete und Nebenkosten, Porto, Büromaterialien, Computer, Telefon- und Internetkosten sowie Vertriebs- und Verkaufsstrukturen für die Bücher, zum Beispiel die Webseite. Außerdem müssen Buchmessen, Vorschaukataloge, Buchhandelsvertreter*innen – also Menschen, die in den Buchhandlungen die Bücher vorstellen und Bestellungen notieren –, und titelspezifische Kosten wie z. B. die Betreuung einer Lesereise, etwa Booking, Fahrtkosten und Unterkunft bezahlt werden.
Unterm Strich wird es bei den Verlagen daher schnell knapp: Oft ist es nicht möglich, dass sich über den Verkauf der Bücher eine schwarze Null erreichen lässt. Deshalb versuchen es viele Verlage mit einer Mischkalkulation: Dabei finanziert z. B. ein erfolgreicher Roman einen nur selten verkauften Lyrikband. Soweit die Theorie: man weiß leider nie im Voraus, wie erfolgreich ein Buch sein wird.
 
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 Der Anteil für LEKTORAT & KORREKTORAT – 0,60 Euro
 
Ein Buch zu lektorieren, ist manchmal ein großes Vergnügen – manchmal aber auch sehr aufwendig. Und im Korrektorat kommt es aufs Detail an, deshalb wird im besten Fall dieser Arbeitsschritt von jemandem übernommen, der den Text bisher noch nicht gelesen hat und einen frischen Blick hat.
Die Kosten für diese beiden Bereiche fallen einmalig bei der Herstellung des Buches an. Wenn das Buch erfolgreich ist und weitere Auflagen gedruckt werden, entstehen hier meist keine weiteren Kosten, außer bei überarbeiteten Neuausgaben. Oft werden Lektorats- und Korrektoratsaufgaben in unabhängigen Verlagen selbst erledigt, zuweilen aber auch extern beauftragt.
 
 
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Der Anteil für GESTALTUNG & SATZ – 0,65 Euro
 
Viele Verlage legen Wert auf eine hochwertige, ansprechende Gestaltung ihrer Bücher – das geht oft auch mit hohem Aufwand einher. Die Kosten für diese beiden Bereiche fallen einmalig bei der Herstellung des Buches an. Wenn das Buch erfolgreich ist und weitere Auflagen gedruckt werden, entstehen hier meist keine weiteren Kosten, außer bei überarbeiteten Neuausgaben. Oft werden die Covergestaltung und der Buchsatz im Verlag selbst erledigt, zuweilen aber auch extern beauftragt.
 

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Der Anteil von DRUCKEREI & BUCHBINDEREI – 3,69 Euro
 
Kalkuliert sind die Herstellungskosten einer Druckerei und Buchbinderei in Deutschland. 
In Osteuropa oder Asien sind die Kosten oft geringer. Wird auf besondere Ausstattungsmerkmale – wie Lesebändchen, Fadenheftung, besonderes Vorsatzpapier und Prägung – verzichtet, kann sich ein etwas niedrigerer Stückpreis ergeben. Bei den seit der Pandemie stetig steigenden Energie-, Logistik- und Papierpreisen sind die Kosten in diesem Bereich allerdings schnell auch höher als hier angegeben. Und wenn in kleinerer Auflage gedruckt wird, erhöhen sich die Stückpreiskosten ebenfalls schnell, da zum Beispiel bei der Buchbinderei die Einrichtekosten der Maschine gleich bleiben.
 
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Der Anteil für VERTRIEB & LAGER – 1,20 Euro
 
Die meisten Verlage beauftragen eine Verlagsauslieferung, also einen Dienstleister, mit der Lagerung ihrer Bücher und der Bearbeitung der Bestellungen. Neben Gebühren für Transport und Lagerung der Titel erhalten diese Unternehmen eine Provision von ca. 5% des Ladenpreises. Werden bereits verkaufte und bezahlte Bücher wieder zurückgeschickt – die Buchhandlungen haben gegen Bearbeitungsgebühren oft ein Rückgaberecht mit Erstattung des Einkaufspreises –, entstehen im Lager zusätzliche Kosten. Für Verlage heißt das, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Buches teils nach Jahren erst korrekt einschätzbar ist, nämlich wenn damit zu rechnen ist, dass vermutlich nur noch wenige Exemplare eines Buches zurückgegeben werden. Somit trägt der Verlag das Risiko am längsten und umfassendsten.
 
Buchhandelsverteter*innen, die ebenfalls Teil des Vertriebs sind, sind in der hier angegebenen Summe nicht eingerechnet. Die Honorare für die Vertreter*innen gehören in unserem Beispiel mit zu den Posten, die wir als Gemeinkosten des Verlags bezeichnen. Schaut euch dazu den Post zum Verlagsanteil gerne an!
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Der Anteil für PRESSE & WERBUNG – 0,85 Euro + 0,30 Euro
 
Damit ein Buch bekannt wird, muss es beworben werden – das funktioniert zum einen über klassische Pressearbeit, also Besprechungsexemplare für Journalist*innen, die dann (hoffentlich) Rezensionen zu den Büchern verfassen und sie in verschiedenen Medien vorstellen: Print, Radio, Fernsehen, im Netz und in den sozialen Netzwerken. Zum anderen schalten (vor allem größere) Verlage Anzeigen, vor allem zu den Titeln, bei denen sie sich viel Resonanz erhoffen. Hier ist das Budget nach oben offen – je nachdem, wie viel der Verlag investiert. Kleinere Verlage können in der Regel nur sehr wenig Geld in Werbemaßnahmen stecken, deshalb haben wir hier nur 0,30 Euro pro Buch eingerechnet. Zusätzlich ist hier auch die Presseaussendung der Verlagsvorschau an Medienvertreter*innen inbegriffen.


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Der Anteil für den GROSSHANDEL – 2,24 Euro
 
Bei den Buchhandelsrabatten ist zwischen dem Großhandel (dem sogenannten »Zwischenbuchhandel« oder »Barsortiment«) und dem Einzelhandel, also der einzelnen Buchhandlung, zu unterscheiden. Der Großhandel erhält bei literarischen Titeln, bei Sachbüchern und Kinderbüchern in der Regel 50% Rabatt auf den Ladenpreis – dafür liefert er flächendeckend und umgehend an alle Buchhandlungen, und das oft über Nacht – ein weltweit ziemlich einzigartiger Service. Die einzelnen Buchhandlungen wiederum bekommen vom Zwischenbuchhandel ebenfalls Rabatt, in der Regel zwischen 30% und 40% des Ladenpreises.
 
In unserer Beispielkalkulation ist ein durchschnittlicher Handelsrabatt von 45% zu Grunde gelegt, da gerade kleinere Verlage mit ihren Büchern den meisten Umsatz nicht direkt über einzelne Buchhandlungen, sondern über den Großhandel generieren, der u. a. auch den Onlinehandel beliefert.
 
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Der Anteil der BUCHHANDLUNG – 7,85 Euro
 
Im letzten Post haben wir über den Großhandel geschrieben. Der Einzelhandel wiederum, also die Buchhandlungen, bekommen vom Großhandel ebenfalls Rabatt, in der Regel zwischen 30% und 35% des Ladenpreises. Von dem Anteil, der beim Verkauf zum gebundenen Ladenpreis bei ihnen bleibt, müssen sie Personal, Miete und Nebenkosten, EC-Gebühren, ggf. Beiträge für den Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Software, Dienstleistungsgebühren, Schulungen oder Messeteilnahmen, Veranstaltungshonorare, evtl. ein Auto oder Lastenfahrrad usw. finanzieren. 
Für viele Buchhandlungen bleibt daher von den Einnahmen am Buchverkauf nicht viel übrig. Manche bieten auch deswegen noch zusätzlich in ihrem Laden Artikel wie Kaffee, Wein oder Schreibwaren an.
Es besteht für Buchhandlungen auch die Möglichkeit, direkt bei den Verlagen bzw. deren Auslieferungsdienstleistern zu bestellen. Jede zusätzliche Bestellung bedeutet zwar erhöhten Aufwand und somit Kosten, und die Lieferung dauert länger, die Buchhandlungen erhalten aber auch mehr Rabatt, z. B. 40% – und umgekehrt ist auch die Einnahme des Verlages höher als bei einem Verkauf an den Großhandel.
 
»Wer bekommt was vom Buch?« ist eine Initiative der Kurt Wolff Stiftung zur Förderung einer vielfältigen Verlags- und Literaturszene. Mehr zur Arbeit der Stiftung und das Plakat »Wer bekommt was vom Buch« zum Download
 
Illustrationen: @goldencosmos
 
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