»So muss der Biograf vor uns anderen hergehen, muss wie des Bergmanns Kanarienvogel die Atmosphäre prüfen, muss Falschheit und Unwirklichkeit aufspüren und etwa vorhandene überlebte Konventionen.«

176 Seiten, 20.4 × 12.5 cm, In Leinen gebunden
ISBN 978-3-85869-643-4, 1. Auflage
Erschienen am 09.03.2015

Der Bergmann und der Kanarienvogel

Roman

Aus dem Französischen von Claudia Steinitz
EUR 22,50 Alle Preisangaben inkl. MwSt.

Kanarienvögel reagieren schnell auf Veränderungen der Luft, daher wurden sie von den Bergleuten als Frühwarnsystem in den Stollen mitgenommen. Gab es zu wenig Sauerstoff, hörten sie auf zu singen und fielen von der Stange.
Mit ihrem Buch Der Bergmann und der Kanarienvogel begibt sich Catherine Safonoff auch unter Tage, hinein in das Bergwerk des Lebens. Mit großer Gelassenheit, mit Anflügen von Melancholie, mit Formbewusstsein und vor allem mit einer guten Portion Selbstironie gibt sie ihr Leben preis. Sie notiert, radikal autobiografisch, Begebenheiten des täglichen Daseins, kreuzt sie mit Rückblenden in eine bewegte Vergangenheit und ihrer Lektüre – Kafka, Handke, Woolf.
Als roter Faden aber dient ihr eine Psychotherapie, die sie mit über siebzig Jahren antritt: Sie setzt sich aus, verliebt sich in den Therapeuten und erlebt noch andere Überraschungen, die sie nie für möglich gehalten hätte.
Mit großer Gelassenheit, mit Anflügen von Melancholie und vor allem mit einer gesunden Portion Selbstironie gibt Catherine Safonoff in diesem Miniaturenroman ihr Leben preis. Sie schreibt ohne Netz, sie schreibt, ohne zu fallen.

Catherine Safonoff, geboren 1939, gehört zu den bedeutendsten Westschweizer Autorinnen der Gegenwart. Nach anfänglichen literaturkritischen Arbeiten für das Journal de Genève und das Westschweizer Radio hat sie sich bald ganz dem eigenen Schreiben zugewendet. Der literarische Durchbruch kam 1984 mit dem Roman Die Umkehr, der ihr den Schillerpreis bescherte. Sie lebt und arbeitet in Genf, wo auch die meisten ihrer Bücher spielen. Sie wurde u.a. mit dem Prix Quadriennal der Stadt Genf für ihr Gesamtwerk (2007) und zuletzt 2012 mit dem Schweizer Literaturpreis für Der Bergmann und der Kanarienvogel ausgezeichnet.

»Catherine Safonoff erzählt eine an sich unspektakuläre Geschichte mit inniger Offenheit und größtem Feingefühl. Die Stimmungen schwanken beständig zwischen Schwermut und Überschwang, wobei aus deren Reibung eine listige Selbstironie erwächst, die den Roman zugleich leicht und glaubhaft macht. Safonoffs Blick auf die Welt weckt funkelnde Finessen.«

Beat Mazenauer, Schweizer Feuilletondienst

»›Jedes beliebige Gespräch zwischen Menschen, jede Wärme zwischen zwei Körpern ist mehr wert, als jede geschriebene Seite. Alle Bücher sprechen ja nur von dieser verlorenen Wärme.‹ Nur wenige aber tun das auf derart feinsinnige Weise.«

Claudia Mäder, NZZ Neue Zürcher Zeitung

»Die Ich-Erzählerin stellt mit scharfem und zärtlichem Blick ihren Alltag vor, ihren Garten, ihre Lektüre, ihre Freundinnen, ihre Liebhaber, ihre Eltern. Mutter und Vater, prägende Figuren, die Sprache zulassen oder nicht, die ein gehobenes Französisch sprechen (die Mutter) oder fluchen und schlagen (der Vater), die anders schweigen, aus anderen Gründen, mit anderen Konsequenzen.«

Romana Ganzoni, Engadiner Post

»Noch während es danach aussieht, als sei es sich schreibend auf die Spur gekommen, gänzlich ›unverstellt‹, ist das Ich dieses – mit dem neuen eidgenössischen Literaturpreis ausgezeichneten – Romans längst eine Figur des Lesers oder der Leserin. Die Hauptfigur eines wunderbaren, einnehmenden Romans, der gleichsam vierhändig geschrieben worden ist.«

Martin Zingg, NZZ Neue Zürcher Zeitung

»Was sie schreibe, sei autobiographisch, sagt Catherine Safonoff. ›Ich habe alles erfunden‹, stellt die Erzählerin richtig. So wird der Bericht zur Reflexion über das literarische Schaffen, das Sucht und Therapie zugleich ist. Aus dieser Doppelnatur bezieht das mit dem Schweizer Literaturpreis geehrte Werk seinen unnachahmlichen Reiz.«

Beat Mazenauer, St. Galler Tagblatt