»So muss der Biograf vor uns anderen hergehen, muss wie des Bergmanns Kanarienvogel die Atmosphäre prüfen, muss Falschheit und Unwirklichkeit aufspüren und etwa vorhandene überlebte Konventionen.«
Roman
Kanarienvögel reagieren schnell auf Veränderungen der Luft, daher wurden sie von den Bergleuten als Frühwarnsystem in den Stollen mitgenommen. Gab es zu wenig Sauerstoff, hörten sie auf zu singen und fielen von der Stange.
Mit ihrem Buch Der Bergmann und der Kanarienvogel begibt sich Catherine Safonoff auch unter Tage, hinein in das Bergwerk des Lebens. Mit großer Gelassenheit, mit Anflügen von Melancholie, mit Formbewusstsein und vor allem mit einer guten Portion Selbstironie gibt sie ihr Leben preis. Sie notiert, radikal autobiografisch, Begebenheiten des täglichen Daseins, kreuzt sie mit Rückblenden in eine bewegte Vergangenheit und ihrer Lektüre – Kafka, Handke, Woolf.
Als roter Faden aber dient ihr eine Psychotherapie, die sie mit über siebzig Jahren antritt: Sie setzt sich aus, verliebt sich in den Therapeuten und erlebt noch andere Überraschungen, die sie nie für möglich gehalten hätte.
Mit großer Gelassenheit, mit Anflügen von Melancholie und vor allem mit einer gesunden Portion Selbstironie gibt Catherine Safonoff in diesem Miniaturenroman ihr Leben preis. Sie schreibt ohne Netz, sie schreibt, ohne zu fallen.
Catherine Safonoff, geboren 1939, gehört zu den bedeutendsten Westschweizer Autorinnen der Gegenwart. Nach anfänglichen literaturkritischen Arbeiten für das Journal de Genève und das Westschweizer Radio hat sie sich bald ganz dem eigenen Schreiben zugewendet. Der literarische Durchbruch kam 1984 mit dem Roman Die Umkehr, der ihr den Schillerpreis bescherte. Sie lebt und arbeitet in Genf, wo auch die meisten ihrer Bücher spielen. Sie wurde u.a. mit dem Prix Quadriennal der Stadt Genf für ihr Gesamtwerk (2007) und zuletzt 2012 mit dem Schweizer Literaturpreis für Der Bergmann und der Kanarienvogel ausgezeichnet.