»Ziegen auf der Weide, Hunde, Kinder, Hunger nach frischem Grün im Frühjahr … Weiden zwischen den Felsen, neben Thymian und Lavendel. Sommer heißt Arbeit, immer nur Arbeit! Rotes und gelbes Laub, Kastanien im Herbst, im Winter ein Feuer im Holzofen des Hauses und das schwarze Pferd draußen im Schnee. Nachts sind die Sterne ganz nah … Wir bleiben, um den Berg nicht den Wölfen zu überlassen, weder denen mit zwei noch denen mit vier Pfoten.«
Mit einem Vorwort von Werner Bätzing | Zweisprachige Ausgabe dt./it.
Lebensperspektiven in einem rauen Land / Prospettive di vita in una terra rude
»Schnell hinunter in die Ebene! Warum als Letzte hier bleiben?« Ungefähr in den 50er-Jahren erreichte die Welle der Abwanderung in kurzer Zeit alle Weiler und betraf alle Familien. Wer zurückblieb, war der Dumme, einer, der nichts begriff, einer, der nichts erreichte! In den italienischen Westalpen war die »Zivilisation« angekommen. Heute nennt man das Globalisierung. Die Hochlagen des Piemont verloren ihre Landbevölkerung, ähnlich wie die schottischen Highlands zu Beginn des 19. Jahrhunderts und stillten so den unbegrenzten Hunger der Industrie der Nachkriegszeit nach Arbeitskräften. Nur wenige wollten oder konnten dem Versprechen eines sicheren Einkommens, dem Trugbild einer zusätzlichen Lira widerstehen, die sich auf den abschüssigen Feldern der Berge auch mit härtester Arbeit nie verdienen ließ. Trotzdem blieben einige und hielten so den Weg für die offen, die zurückkehren wollten.
Giorgio Alifredi, geboren 1964. Lebt mit seiner Frau und seinen fünf Kindern seit 1992 im Valle Maira und betreibt dort biologische Landwirtschaft.