Ein Wechselspiel zwischen Brexit und Gothic Revival, zwischen der Metropole und einem inneren Koordinatensystem
Dieser Titel ist auch als E-Book erhältlich
Ein halbes Jahr London! Wie ein Schüler oder Student darf er in die Stadt, die ihm seit jeher Sehnsuchtsort ist. Vom Eastend aus zieht es ihn an die Themse, in die Parks, nach St Paul’s zum Evensong. – London sehen, London hören, Mensch im Freien sein. Er sucht nichts und findet. Jeden Tag. Bald hat er eigene Wege, eigene Orte und mit Jogging im Victoria Park, Cheesecake bei Rinkoff und dem Twentyfive nach Ilford sogar so etwas wie ein ambulantes Zuhause. Allenthalben Demos. »Wenn Burkafrauen zum Straßenbild gehören, gehören sie zum Straßenbild«, notiert er. Alltag heißt für ihn, den Zaungast, Ereignis, heißt, sich der Bauweise der Kathedralen hinzugeben, in der Tate Modern das Licht von Turner, die Wolken von Constable zu sehen. Alles zählt.
Andreas Nentwichs Journal Change Ringing ist ein Wechselspiel zwischen Brexit und Gothic Revival, zwischen der Metropole und einem inneren Koordinatensystem, zwischen Lichttagen, Grüntagen und solchen ohne Kompass. Immer ist Veränderung, und immer ist Vergänglichkeit. Das Altern sitzt im Nacken. Aber da ist der große Versuch, Wirklichkeit in der eigenen Sprache sichtbar und fühlbar werden zu lassen.
Andreas Nentwich, geboren 1959 und aufgewachsen in Dillenburg und Herborn, Hessen, studierte Germanistik und Kunstgeschichte in Regensburg und Gießen. Tätigkeit als Pressereferent des Klett-Cotta Verlags in Stuttgart, freier Literaturkritiker (1999 Alfred Kerr-Preis für Literaturkritik) und von 2004 bis 2018 Zeitschriftenredakteur, unter anderem bei Du. 2012 erschien der biografische Essay Alfred Polgar. Leben in Bildern und 2019 Modern in alle Ewigkeit. Eine Reise zu den schönsten modernen Kirchen der Schweiz (gemeinsam mit Christine Schnapp). Andreas Nentwich ist freier Autor und lebt mit seiner Familie in Zürich und Berlin.
London sehen, London hören, Mensch im Freien sein. Er sucht nichts und findet.
Am Samstag, an dem sonst tout Zurich nach Oerlikon kommt, ist es totenstill. Aber als ich um sieben das Erkerfenster zum Marktplatz hin öffne, begrüßen die Vögel den Frühling mit einem Konzert. Kein ...