Die Eidechse Immer der Sonne zugewandt blickt auf dem Steintisch die Eidechse reglos ins Licht. Selten ruckt ihr Kopf nach links oder rechts. Ihr Maul klammert den Rumpf des Engerlings, der sich vor dem Echsenkopf windet. Ab und zu mahlen die Kiefer. Der Stummel zuckt schwächer, und langsam wird er kürzer.
Fredi Lerchs Gedichtband Echsenland ist eine lyrische Chronik. In Abschnitten mit jeweils mehreren Gedichten, die der Dichter mit dem entsprechenden Jahr überschreibt, lässt er die Jahre 1990 bis 2004 Revue passieren. Was er aufzeigt, ist die »Neue Weltordnung« in einem Echsenland wie der Schweiz: von der Naturzerstörung über den Machbarkeitswahn der Humangenetik bis zum Zustand des Landes, das statt mit Politik mit einer Zauberformel regiert wird. Verflochten sind die großen gesellschaftspolitischen Fragen mit der persönlichen Geschichte des Autors: Er schreibt lyrische Nachrufe auf Mitstreiter, setzt sich mit der Hälfte des eigenen Lebens auseinander oder hinterfragt als »Reisender in Sachen nichts« die eigene Sprache als Transportmittel. Formal erfindet Lerch für jeden Text eigene Regeln. Streng rhythmisierte Texte stehen neben freien Versen, Sonett-Zyklen neben einer veritablen Elegie auf die »Expo.02«. Und für die Würdigung des »Jahrhundertmäzens« Paul Sacher entstand gar eine sapphische Ode. Entsprechend weit gespannt ist das Spektrum der lyrischen Töne: Es reicht von bitterbösem Sarkasmus bis zur Klage, vom lakonischen Kindervers bis zum lyrischen Notat.