
Valentina hats geschafft: Nach der Vergewaltigung (durch G.), nach dem Verrat durch ihren Bruder (der mit G. befreundet ist), nach sieben Jahren der Scham und der Sprachlosigkeit fasst sie Mut und beginnt zu schreiben. "Das Bedürfnis ist so gross geworden, dass ich nicht mehr anders kann." Sie schreibt Briefe an ihren Bruder, mit dem sie als Kind alles geteilt hat. Er aber ist abgetaucht, hat sich einer rechtsextremen Gruppe angeschlossen und seine Schwester im Stich gelassen. Diesem Bruder erzählt Valentina alles, auch wenn er es nie lesen wird. Alles, was passiert ist in den Tagen und Jahren nach jener Party: das Jurastudium, die Gelegenheitsjobs, die ersten Aufträge als Lokaljournalistin; der späte Entscheid, G. anzuzeigen, das jämmerliche Versagen der Polizei, die Übergriffe eines Chefredaktors. Doch Valentina ist nicht mehr die Neunzehnjährige, die nicht laut genug Nein gesagt hat, sie ist bereit für einen impulsiven Racheakt und findet die Kraft, dem selbstherrlichen Chefredaktor die Stirn zu bieten. Der Moment ist gekommen, in dem sie daran glaubt, "dass vielleicht soeben meine Befreiung begonnen hat."
"X" ist ein packender (autofiktionaler) Debütroman. Die Autorin erhielt in Italien grosses Lob von der Presse und wurde für viele junge Frauen zu einem Vorbild.
Das Trauma einer Vergewaltigung, die Zartheit der Person, die grosse kämpferische und schöpferische Kraft erinnern mich an eine Ikone der bildenden Kunst, an Niki de Saint Phalle. Sicher hätten sich Niki und Valentina verstanden, vielleicht sogar gemocht, wie zwei geflügelte Löwinnen.