Christoph Kellers Roman »Afrika fluten« ist mein Weihnachtsgeschenk für alle Freunde, die sich für Beton, Baukräne und Bohrmaschinen interessieren – aber ich schenke »Afrika fluten« genauso meinen Freundinnen, die keine Ahnung davon haben, was ein Saugüberfall ist. Denn ich bin mir sicher, dass auch sie Christoph Kellers Roman nicht mehr aus der Hand legen werden.
»Afrika fluten« ist eine faszinierende Spurensuche, die zurückgeht in die 1930er Jahre und die auch mich zu einer Spurensuche inspiriert hat, im Hauptgebäude der ETH, die damals noch Eidgenössisches Polytechnikum hieß. Hier studierte Bruno Siegwart, hier begann seine Karriere, die ihn unter anderem nach Frankreich, Russland, Argentinien und Mexiko führte, bis er später, als älterer Herr, vom Projekt Atlantropa erfuhr. Atlantropa war die größenwahnsinnige Vision des Münchner Architekten Herman Sörgel, der das Mittelmeer absenken wollte, um Neuland und Energie für Europa zu gewinnen. Bei Gibraltar und bei den Dardanellen sollten zwei gigantische Staudämme entstehen – und Bruno Siegwart, der unverdrossene Schweizer Ingenieur, lieferte Sörgel die Berechnungen dafür, weit über tausend Seiten, unaufgefordert und unentgeltlich.
Das klingt nach einem reinen Männerbuch, ist es aber nicht! Denn der Erzähler von »Afrika fluten« – oder ist es eine Erzählerin? – heißt Lovis, kann in Mauerritzen lesen, zwischen Schiffscontainern verschwinden, durch die Zeit reisen und ins Meer abtauchen, bis dorthin, wo die geheimnisvolle Seidenmuschel lebt, »die sich mit feinen Fäden am Grund festhält, seidene Fäden, aus denen über Jahrhunderte kostbare Gewänder hergestellt wurden, die Pinna Nobilis, die Königin aller Muscheln«.
Ich wünsche allen gutes Eintauchen in die Welt von Lovis, Bruno Siegwart und der Pinna Nobilis.