Oberiberg Talstation Laucheren – Schwyzerweg – Fallenbachtobel – Ibergeregg – Sternenegg – Richtershüttli – Steinboden – Fuederegg – Chäswaldtobel – Oberiberg Neuseewen
Oberiberg–Oberiberg 4.30–5 Std., LK 1152 Ibergeregg, 1:25 000
(Bus bis Ibergeregg, nur im Sommer, minus 1 Std.)
Die Talstation Laucheren (Endstation Postbus 555) ist nicht zu verfehlen. Das große, fast leere Parkfeld zeigt: Hier hinten im Tal der Minster denkt man großzügig, vorausschauend. Im Ybrig ist im Winter Highlife, nicht jetzt.
Nicht, dass nichts los wäre. Die Minster, ein Bergbach wie’s im Büchlein steht, kommt aus einem schattigen Tobel gerauscht, dito der Fallenbach. Ein Vitaparcours, ein Sportplatz ergänzen das Sommerangebot. Für uns ein Sträßchen, das ziemlich steil nach oben zieht. Leicht übersieht man den alten Hohlweg, der bald mal rechter Hand neben dem Sträßchen verläuft. Ein Fenster in die Geschichte der Ibergeregg, ein Stück des alten Schwyzerwegs, der über Jahrhunderte den Ybrig mit Schwyz, dem man sich näher fühlte als dem mächtigen Kloster Einsiedeln, verband. Auch die Rinder, die vor allem in den Süden verkauft wurden, trotteten über die Ibergeregg nach Brunnen, wo sie auf Nachen verladen wurden. Der Weg ist in den 2000er Jahren saniert und wiederhergestellt worden.
Bei Änglisfang scheren wir nach rechts aus und folgen einer Waldstraße, die ins schattige Tobel des Fallenbachs führt. An der engsten Stelle quert eine Brücke den Bach, der hier über ausgewaschene Felsen in die Tiefe gischtet. Im Halbschatten hoher Tannen ist ein Picknickplatz eingerichtet worden. Bei Unterbäch schlauft der Weg über Hobacher zurück auf den Schwyzerweg. Ein sehr schöner »Umweg«. Außerdem bewegen wir uns in der Landschaft des Jahres 2019, ausgelobt von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz, und in einer Naturschutzzone.
Der gelbe Wegweiser auf der Ibergeregg ist mit Wanderzielen gespickt wie ein Igelrücken. Eine Infotafel weist auf den Schwyzer Alppfad hin (6 Stationen zum Alpwesen, zu Vieh und Käse, zu Folklore und Waldwirtschaft). Von der Passhöhe (das Hotel Ibergeregg lassen wir rechts liegen) schlängelt sich der Weg ostwärts, zwischen Felsbrocken und über Wurzelgeflecht den Wald hoch, bis einen wieder mal die Aussicht fast umhaut. Grüne Grate, die Schächentaler Felshörner, die Urner Hochalpen. Bei der Alphütte der Sternenegg ist nicht nur die Aussicht ins Muotatal fantastisch, der Handyempfang offenbar auch. »Gseesch mi? Hol dr Fäldstächer.« Drüben auf dem Stoos ist man kurz darauf startklar. »Jetz, pass uuf, i winke.« Offenbar klappt’s, die Begeisterung ist groß.
Wir biegen ab auf das Sträßchen, das von der Sternenegg nach Norden führt, Richtung Richtershüttli. Eine Schautafel des Alppfads erzählt vom Alpsommer. Eine nächste von den Alpfesten. Die beiden Mythen tauchen wieder auf (nachdem wir sie bei der Ibergeregg verloren haben) über dunklem Wald und hellen »Blätzen«. Bald wechseln wir auf einen Weideweg. Sanft rollen die Hügel gen Norden aus, aber man darf nicht alles glauben, was man sieht, das Sanfte ist hierherum hinterhältig.
Ein kleines Plappermaul ist auch unterwegs. Eine Stimme voll Eifer und Energie. Eine, die zu zwei Zöpfchen und roten Stiefeln passt. Die Kleine marschiert mit energischem Schritt vorbei.»Weisch, mir tüend da abegumpe«, erklärt sie. Im Schlepptau der Großvater, der so was wie einen Gruß brummelt, das Schwatzen gehört nicht zu seinen Pflichten. Käsebrot kauend gucken wir ihnen nach, wie sie gen Oberiberg »abegumpe«.
Für uns geht’s nochmals aufwärts. Der Alppfad-Parcours Richtung Steinboden und Fuederegg zieht vom Richtershüttli in den Wald hoch. Unten, in einer Senke, weiden Rinder. Von oben betrachtet ist es, als spielten die Tiere in einem Theaterstück. Ein stetes bedächtiges Auf- und Abtreten von der Bühne in die Kulisse, ein Verschwinden hinter Felsen und Baumstrünken, ein Auftauchen im Gebüsch. Ein Ballett in Zeitlupe, untermalt vom Herdengeläut. Sehr kontemplativ.
Ich mag die sperrige Passage hinüber zur Fuederegg; die samtgrünen Mulden unter Felsbändern, die im Herbstlicht dann goldbraun glühen, die schütteren knorrigen Tannen, die ausgekugelten Wurzelstöcke, die von Jahr zu Jahr bleicher werden. Eine Alppfad-Infotafel hat die Waldnutzung zum Thema. Und die Nr. 6, die letzte, zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Landschaftspflege ist. »Kulturlandschaft oder Wildnis.« Passt.
Auf Steinboden herrscht recht oft Vor-, Nach- oder gar keine Saison. Wenn die Sesselbahn ruht, ruht auch die Beiz nebenan (was schade ist, bemüht man sich doch um »regional und bio« bis vegan). Wer sich vergeblich auf einen kühlen Schluck gefreut hat, darf sich wenigstens bald an einem Schlücklein Gesundem laben. Ein unscheinbarer Wegweiser beim Laucherenbach führt zum Berggeist. Der wohnt idyllisch in einem kleinen Tobel neben einem zweistufigen Wasserfall. Es riecht leicht nach Schwefel, aus einer kleinen Röhre tröpfelt das gesunde Wasser. Das Brunnenhäuschen ist mit einem stattlichen Vorhängeschloss versehen. Eine Tafel des geologischen Wegs über den Roggenstock liefert die nötigen Daten.
Berggeister gibt es wohl viele, aber heilende Wassergeister sind hierherum rar. Auf der Haggenegg soll’s ein Bauernbad gegeben haben. Auch unten im Heikentobel. Der Schwefelgeist im Laucherentobel ist der einzige, den man besuchen kann.
Auf der Fuederegg menschelt es wieder, aber mächtig. Hüpfburg, Restaurant, Pommes und Bratwurstduft, Ferienwohnungen. Und wer einen Menschen kopfunter vorbeisausen sieht, spinnt nicht. Adrenalinkick pur auf dem Sternensauser (Flying Fox) – der längsten Seilrutsche Europas (insgesamt 2,3 Kilometer lang), Tempo bis 120 Stundenkilometer.
Der Bergweg das Chäswaldtobel hinunter ist ein gepflegter Familienweg, mit Stufen und Holzbrücklein, der in eine Waldstraße Richtung Oberiberg mündet. Wenig später kann man linker Hand den Bach entlang zum Parkplatz Talstation Laucheren absteigen (ohne Gewähr). (Letzte Busabfahrt 17.32.) Oder man folgt den Markierungen, zieht auf einem Wiesenweg hinüber Richtung Kirche und steigt auf einem kleinen Treppenweg ins Dorf hinunter.
Hier, in Oberiberg Neuseewen, fährt vergleichsweise spät, 20.23, der letzte Bus nach Einsiedeln. Was eventuell genug Zeit lässt, im Restaurant Sager das gerühmte Poulet im Körbchen zu versuchen. Nächstes Mal vielleicht.
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