S-Bahn bis Schlieren – Bus 308 bis Unterengstringen, Eckstein – Kloster Fahr – Glanzenberg – Brücke Dietikon – Brücke Killwangen – Kloster Wettingen. Wanderzeit circa 4 Std.
»Dass im Limmattal neben Wohnen und Arbeiten noch Raum für Erholung und Kontemplation bleibt, dafür sorgt der Agglopark Limmattal.«
»Dass im Limmattal neben Wohnen und Arbeiten noch Raum für Erholung und Kontemplation bleibt, dafür sorgt der Agglopark Limmattal.«
Eine steile These. Aber sie hält, was sie verspricht. Die Limmat, das grüne Band durch das arg gebeutelte Limmattal, ist nicht mehr nur gut genug für den sonntäglichen Katerspaziergang zum Kloster Fahr. Wir haben es heute mit einem interessanten, spannenden Gang durch die Geschichte eines Flusses zu tun. Mein Favorit ist die Strecke vom Kloster Fahr zum Kloster Wettingen, gerade wenn die Tage lang sind und die hellen Sommerabende fast nicht enden.
Der Bus hält auf einer Doppelbrücke über Limmat und Autobahn. Und gleich wird klar, ohne Lärm geht’s nicht. Das träge fließende Wasser ist wie ein Kontrapunkt zum hektischen Zischeln und Brummen hinter den Schallschutzwänden. Nach wenigen Gehminuten, da, wo der Müligiessen aus der Limmat abgezweigt wird und die A1 hinter einem Hügelrücken verschwindet, gibt’s nichts mehr zu meckern. Weiße Schotterufer, alte Baumriesen, Inselchen, ein Bild wie aus dem Biedermeier. Vorne beim Bistro Testa Rossa krächzt’s und schnattert’s vielstimmig aus Entengarten und Voliere. Auch besorgte Vogelfreund:innen sind laut geworden, sehr zum Missfallen der Besitzerin der Vögel. Ein amtliches Papier hängt nun aus, das schwarz auf weiß festhält, für das Vogelwohl werde hinreichend gesorgt.
»Wir sind da, am Strassenrand, unter Düsenjägern, zwischen Jeeps und Kranen. Eh wie jetzt, wir halten stand, auch dem Lärm und Gasdunst zweier Autobahnen.« Silja Walter, 1919–2011, Benediktinerin und Schriftstellerin
Das Kloster Fahr hält stand, wie es das schon seit tausend Jahren tut. Der Brunnen auf dem Hofplatz plätschert vor sich hin, der Klostergarten, geschützt hinter einer Mauer mit weit geöffnetem Tor, ist ein farbenfrohes Bijou. Das Gasthaus zu den zwei Raben – das Kloster Fahr ist mit dem Kloster Einsiedeln verbunden – wird saniert. Hoffentlich ist das Werk getan, bis der Winter kommt und eine warme Stube zum Grundbedürfnis der Limmatwanderer wird.
Der Landwirtschaftsbetrieb ist jungen, innovativen Pächter:innen übergeben worden. Die mit »Fahr Erlebnis« ) die Türen zu Scheunen und Stall weit geöffnet haben. Vom Bienenhotel zum Hofladen, vom Bistro zum Weinkeller, alles da.
Wir gehen das Sträßchen hoch zum stattlichen Meierhof (ein Seitensprung zum offiziellen Limmatweg) und schwenken links ab in den gelb markierten Feldweg, der einer Kirschbaumhostet auf halber Höhe dem Hügel entlangführt. Unten schlängelt sich der Müligießen, nachdem er den Gemüsegarten des Klosters bewässert hat, durch die Viehweide, auf der oft die Mutterkühe mit ihren Kälbern sind. Die Limmat hält sich bedeckt, blinkt ab und zu zwischen Baumwipfeln auf. Ostwärts staut sich, wie die Zunge einer Lawine, Zürichs Suburbia. Und bei klarem Wetter steht am Horizont über den grünen Hügeln des Mittellands der weiße Spitzensaum der Alpen.
Der Landwirtschaftsbetrieb ist jungen, innovativen Pächter:innen übergeben worden. Die mit »Fahr Erlebnis« ) die Türen zu Scheunen und Stall weit geöffnet haben. Vom Bienenhotel zum Hofladen, vom Bistro zum Weinkeller, alles da.
Wir gehen das Sträßchen hoch zum stattlichen Meierhof (ein Seitensprung zum offiziellen Limmatweg) und schwenken links ab in den gelb markierten Feldweg, der einer Kirschbaumhostet auf halber Höhe dem Hügel entlangführt. Unten schlängelt sich der Müligießen, nachdem er den Gemüsegarten des Klosters bewässert hat, durch die Viehweide, auf der oft die Mutterkühe mit ihren Kälbern sind. Die Limmat hält sich bedeckt, blinkt ab und zu zwischen Baumwipfeln auf. Ostwärts staut sich, wie die Zunge einer Lawine, Zürichs Suburbia. Und bei klarem Wetter steht am Horizont über den grünen Hügeln des Mittellands der weiße Spitzensaum der Alpen.
»Gut auffindbare, durchgehende und sichere Fuss- und Radwege verbinden die Erholungsräume und die im gesamten Projektgebiet verteilten kulturellen und landschaftlichen Merkpunkte.«
Gerade hier in der Dietiker Flussbiegung finden sich etliche kulturelle Merkpunkte, gut lesbare Spuren aus der Vergangenheit. Händel sind, wen wundert’s, nicht schlecht vertreten. Die »Bataille de Dietikon« von 1799 hat’s sogar zu einem Eintrag am Arc de Triomphe gebracht. Seit 2004 wird auf dem Hügel über dem Kloster der dabei im Chlosterwald gefallenen russischen Kosaken gedacht. Der Stein symbolisiere »nicht nur die Ereignisse von 1799, sondern auch die guten Beziehungen zwischen Unterengstringen und Russland«. Eine noble Geste für das Kanonenfutter. Wie es um die guten Beziehungen steht, wird sich weisen müssen.
Knapp zehn Minuten wandern wir durch den Wald, bis ein brauner Wegweiser zur Ruine Glanzenberg weist. Ein Rest Mauerwerk und ein Stücklein Burggraben ist vom Wehrturm geblieben. Das Städtchen unten an der Limmat, das es zu beschützen galt, war eine Gründung der Freiherren von Regensberg. Gedacht als Brückenkopf an einer neuen Verkehrsachse vom Gotthard über Luzern nach Süddeutschland, unter Umgehung der Stadt Zürich, die das Handelsmonopol auf der Limmat bis nach Baden beanspruchte. Glanzenberg wurde 1267, bevor es fertig gebaut war, abgebrannt. Das mächtige Zürich hatte den Tarif durchgegeben, gut 600 Jahre lang gab es keine Brücke zwischen Zürich und Wettingen. Der Bann wurde erst gebrochen, als die moderne Schweiz Gestalt annahm, Bildung für alle auch im Limmattal galt und die Oberstufenschüler aus den Dörfern rechts der Limmat nach Schlieren zur Schule mussten. 1844 wurde die Brücke zwischen Unterengstringen und Schlieren eingeweiht. Und wir dürfen behaupten, die Wanderung von heute haben wir auf historischem Terrain begonnen.
Jetzt stakst bei Glanzenberg die A3 auf Elefantenfüßen über den Fluss und durch ein Stück Auenlandschaft, das sehr romantisch anzusehen ist und vom Verkehrsfluss über uns gut beschallt wird.
Glanzenberg ist als S-Bahn-Station der Stadt Dietikon auferstanden. Mitsamt einer Freiraumzone (mit Gumiböötli-Landestelle), »welche die Lebensqualität der Dietiker Bevölkerung erhöht und die Wahrnehmung des Bezirkshauptortes positiv beeinflusst«.
Im lichten Wald, und an den kärglichen Resten Alt-Glanzenbergs vorbei, geht’s wieder an die Limmat. Das Rollen der Eisenbahnzüge auf der andern Flussseite paart sich mit dem Rauschen und Gischten des Wassers von der Staustufe des Flusskraftwerks Dietikon.
Unterhalb der Anlage (und der Brücke) kann man rechts in die Limmatauen abzweigen, auf einem Waldweg kleinen Tümpeln und Rinnsalen im dichten, feuchten Unterholz entlangspazieren. Ein Fenster in die einstigen Auenlandschaften der weit ausladenden Flussschlaufen bei Dietikon und Geroldswil. Wie stark die Kanalisierung der Limmat um 1860 die Landschaft verändert hat und auch wie sorgfältig man heute die verbliebenen Auenflächen schützt, zeigen die Infotafeln des Aggloparks.
An ein paar Schrebergärten vorbei, stoßen wir auf ein Quersträßchen. Links geht’s zum Tennisplatz und an die Limmat. Wir gehen nach rechts und biegen bald bei einer Infotafel in einen Pfad ein, der einem versandenden alten Limmatarm und spektakulären Baumriesen entlang zu einer roten Holzbrücke, einem Vogelbeobachtungsplatz, führt. Ein paar Schritte auf dem Aggloparkweg nach links lohnen sich. Zum einen stehen ein paar lärmfreie Bänke über dem Wasser und zum andern ist mit dem Zusammenfließen von Fabrikkanal, Reppisch und Limmat auf der andern Flussseite eine eindrückliche Wasserlandschaft entstanden.
Hier, auf der rechten Flussseite, zieht der Weg an einem Damm entlang über die grüne Ebene. Aussichtskanzeln gewähren einen Blick in weiträumig geschützte Ried- und Wasserflächen. Vogel müsste man sein.
Die Autobahn macht sich wieder bemerkbar. Am Rand der Ebene mit dem Häusergemenge führt sie am Hang entlang. Unsere Wege kreuzen sich da, wo sie wieder mal die Limmat quert. Ein paar hübsche Ecken am Wasser lassen den unumgänglichen Verkehrslärm fast vergessen.
Die kleinen feinen Oetwiler Auen sind ein letzter, kurzer Flash in die Auenvergangenheit. Wenig später läuft der Fischerweg im sommergrünen Wald dem tiefblauen ruhigen Wasser entlang. Schön still ist es. Verklungen ist das, so darf man vermuten, gotteslästerliche Gefluche der Schiffer, verklungen das aufgeregte Johlen und Quietschen der Badenfahrer auf der Reise in die Kur. Das war der Chessel, eine berüchtigte Passage im felsdurchsetzten Flussbett, ersoffen im angestauten Wasser des Kraftwerks Wettingen. Im 20. Jahrhundert hat sich mit dem Bau der Flusskraftwerke das Gesicht der Limmat nochmals gründlich verändert, so gründlich, dass die Stadt Zürich den Traum vom Hafen mit Meeranschluss ernüchtert begrub.
Bald zieht vorne, wie eine gestreckte Schlange, silbrig glänzend, die Autobahn schräg über die weite Wasserfläche dem Fressbalken von Würenlos entgegen. Die Brücke hinüber nach Killwangen kämpft in vermeintlicher Schräglage mit der Perspektive, beim Näherkommen können wir beruhigt feststellen: Alles im Lot. Dem Gewimmel bei der Autobahngaststätte Würenlos, besagtem Fressbalken, entgehen wir knapp (auf die gelben Wegzeichen achten). Wir tauchen ab, hinunter zum Furtbach, der gemächlich aus einem grünen Tobel unter der Autobahn durch in die Limmat fließt. Die Sonne auf dem Wasser spiegelt sich in hellen Kringeln an der glatten Betondecke. Ein schöner Tanz, ein endloses Videospiel.
»Das Limmattal präsentiert sich als attraktive Kulturlandschaft. Landwirtschaftlich genutzte Flächen mit hoher Anbauvielfalt wechseln sich mit eingestreuten naturnahen Flächen und Strukturen ab.«
Nochmals das volle Programm: lauschige Uferwege, nette Wohnanlagen am Hang hinter Hecken, Schrebergärten, Wiesen und Äcker, ein Industriekamin. Und ein letzter Handshake mit der Autobahn. Zwei Eisenbahnlinien machen hier auch noch mit im Verkehrsgeflecht.
Die Limmat ist zum See geworden. Auf der Mauerkrone des Kraftwerks Wettingen sammeln sich Vogelbeobachter und Fotografen. Vor allem im Frühling und im Herbst wimmelt es auf der weiten Wasserfläche von Exoten auf der Durchreise.
Unterhalb der Staumauer, zwanzig Höhenmeter tiefer, liegt in einer Flussschlaufe, das ehemalige Kloster Wettingen, immer noch prächtig anzusehen. Ein Park und eine Gärtnerei schmiegen sich an den Hang unter den ausladenden Klostergebäuden der Zisterzienser. Nach vielen Querelen wurde das Kloster 1843 vom jungen Kanton Aargau aufgehoben. Seit 1976 logiert darin die Kanti Wettingen. Am Klosterplatz stehen sich Kirche und Gasthof in trauter Zweisamkeit gegenüber. Der »Sternen« soll (den Ruf teilt er mit einer Handvoll anderer Aspiranten) das älteste Gasthaus der Schweiz sein. Unten, an der Wurzel der Staumauer, schüttelt sich die Limmat wieder zu einem Fluss zurecht. Das lokale LägereBräu betreibt einen Biergarten, und die Pizzeria Alpini ist ein stimmiger Schlusspunkt einer Wanderung durch die vielgeschmähte Agglo im Limmattal.
Und das große alte Fabrikgebäude am Wasser? Das gehört in eine weitere, lange Geschichte.
Mit der Google-Suche »Agglopark Limmattal« findet man eine reiche Auswahl von Projektskizzen und Studien. Eine gute Übersichtskarte zum Agglopark: https://kofu-zup.ch/asp/db/pdf/ZUP78-14_limmatuferweg.pdf
Noch keine Kommentare vorhanden.
KOMMENTAR SCHREIBEN
Ihre E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht. Vor der Veröffentlichung wird Ihr Kommentar von unserer Redaktion geprüft. Pflichtfelder sind mit einem * markiert.